Лексикология современного немецкого языка
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2.3.4. Das Suffix Suffixe (zu lat. suffigere 'hinten anheften') werden morphologisch definiert als gebundene Einheiten, die stets hinter einer Basis positioniert sind, z.B. -heit, -lich und -ig(en) in Schönheit, glücklich, festigen. Mit Suffixen werden Nomina gebildet (z.B. Schönheit, Sensibelchen), Adjektive (z.B. akzeptabel, herzlich), Verben (z.B. festigen, konkurrieren) und andere Wortarten (z.B. talwärts). Suffixe bestimmen als zweite Einheiten grundsätzlich die grammatischen Merkmale des Derivats: So legt das Suffix -heit fest, dass das Derivat „Schönheit“ ein feminines Nomen ist; das Suffix -lich – dass das Derivat „erfreulich“ ein Adjektiv ist; das Suffix -ier(en) – dass das Derivat „kontaktieren“ ein Verb ist. Einige Suffixe wie -chen bewirken systematisch eine Stammvokaländerung (z.B. Gärtchen, Hütchen). Viele Suffixketten kommen aus unterschiedlichen Gründen nicht vor. Möglich ist beispielsweise die Kette -heit-lich-keit, sie wird aber selten genutzt. Häufiger ist die Dreierkette in Konvert-ier-bar-keit. Hingegen sind Zweierketten frequent, und zwar mit und ohne Kategorienwechsel. Vier Suffixe haben wir in million-är-inn-en-haft, fünf Affixe in un-ration-äl-is-ier-bar und Re-de-sensi-bil-isier-ung. Die Reihenfolge ist fast immer fest. Wir können auch positionelle Neigungen von Suffixen feststellen. So haben -keit und -ung klare Rechtstendenz, wenn sie auch nicht rechtsabschließend sind: obrigkeitlich. Ungefähre Frequenzanteile deutscher Suffixe (in einem Korpus von etwa 2 Mio. Textwörtern): -er 21%, -ung 20%, -ig 5%, -keit 3%, -isch 3%, -chen 3%. 2.3.5. Das Affixoid Affixoide sind Morpheme, die einmal als freies Wort, zum anderen desemantisiert als reihenbildendes Element auftreten und so den Charakter eines Affixes annehmen, wie Mann und -mann (mein Mann und Kaufmann, Feuerwehrmann; frei und -frei (er ist frei von X und keimfrei). Dass sich aus Wörtern Affixe entwickeln, ist ein nicht ungewöhnliches Phänomen in der deutschen Sprachgeschichte: So ist z.B. das nominale Suffix -heit aus mhd. heit 'Art und Weise, Beschaffenheit, Eigenschaft, Person' entstanden. Der Affixoidgedanke beruht im Wesentlichen auf der synchronen Beobachtung, dass einige Wortbildungseinheiten (z.B. frei in atomwaffenfrei oder Werk in Astwerk, Buschwerk, Laubwerk) stärker eigensemantisch sind, als das Wortbildungsaffixen sonst zugestanden wird; daher sollen sie einerseits Wortstatus haben. Andererseits sollen sie ihrer - vermeintlichen - Gebundenheit wegen aber auch wieder nicht als Wörter gelten, sondern Affixstatus haben. Um diesem Dilemma zwischen Wort- und Affixstatus zu entgehen, wurde in der Forschungsliteratur eine Zwischenkategorie Affixoid konstruiert, die alle Einheiten aufnehmen sollte, die man nicht ganz den Wörtern, aber auch nicht ganz den Affixen zuordnen wollte. Fleischer (1983) schränkt den Kreis der Halbaffixe (Affixoide) auf diejenigen Einheiten ein, in denen die freie Verwendung des Morphems noch üblich ist und sieht den Übergang unter vorwiegend diachronischem Aspekt. So möchte er -werk, -los als Suffixe einordnen, da ihnen kein freies Morphem (mit gleicher Bedeutung) entspricht. Ein Teil jener Elemente, die häufig als Halbaffixe betrachtet werden, fungieren ganz eindeutig als Affixe und sind nur noch formativisch den freien Morphemen (Wörtern) gleich. Man sollte hier von Homonymie sprechen: los - loslaufen, losstürmen - freudlos, gedankenlos; Uhrwerk, Werkstatt - Schuhwerk, Zuckerwerk. Der Übergang vom Kompositionsglied zum Ableitungssuffix vollzieht sich allmählich. Es gibt in vielen Fällen eine breite Übergangszone, in der eine eindeutige Zuordnung eines Elements zum Ableitungssuffix oder zum Kompositionsglied schwierig ist. Es werden vier Kriterien genannt, nach denen Ableitungssuffixe von Kompositionsgliedern zu unterscheiden sind: 1. Wenn die zweite unmittelbare Konstituente im starken Maße reihenbildend ist, liegt ein Ableitungssuffix vor, wie: interessanterweise, glücklicherweise, überraschenderweise. 2. Wenn die Bedeutung der zweiten unmittelbaren Konstituente gegenüber der Bedeutung des freien Morphems stärker verallgemeinert, weitgehend entkonkretisiert ist, liegt ein Ableitungssuffix vor, wie: heiratsfähig, lebensfähig, transportfähig. Die Bedeutung von -fähig wurde im Vergleich zum freien Morphem auf das Sem 'geeignet' reduziert. 3. Im Bedeutungsverhältnis der beiden Konstituenten tritt eine Verschiebung ein, wie: Laufwerk, Pflanzenwerk, Uhrwerk. Hier trägt die erste Konstituente den semantischen Kern, im Kompositum Autowerk ist Auto eindeutig Bestimmungswort zum Grundwort. Die zweite unmittelbare Konstituente übernimmt wie Affixe stärker die Funktion der Einordnung in eine semantische Kategorie: ein Feuerwehrmann kann auch eine Frau sein, -mann könnte ersetzt werden durch -er: *Feuerwehrer. 4. Wenn ein Ableitungssuffix und ein gleichlautendes freies Morphem auftreten, besteht die Tendenz zur Einschränkung des freien Gebrauchs, d.h., die Tendenz zur Beseitigung der Homonymie, wie bei Zeug in der Bedeutung 'gewebte Stoffe, Gegenstände’, dagegen bleibt -zeug als Suffix erhalten: Nähzeug, Strickzeug, Schreibzeug. Solche Konstituenten, die als freie Morpheme vorkommen, aber auch gewisse Eigenschaften von Suffixen besitzen, werden als Halbsuffixe oder Suffixoide bezeichnet. Eine Tendenz zur Suffigierung lassen unter anderem folgende Wörter erkennen: voll, schwer, arm, leer - gedankenvoll, bedeutungsschwer, geräuscharm, luftleer. Die gleiche Erscheinung tritt bei Präfixen auf. Sie werden als Halbpräfixe oder Präfixoide bezeichnet. Präfixoide in der Gegenwartssprache sind vor allem Vergrößerungsbildungen: Bombenerfolg, Superangebot, hochmodern. 2.3.6. Das Zirkumfix Zirkumfixe (zu lat. circumfigere 'ringsum umwickeln') werden morphologisch definiert als gebundene Einheiten, die stets um eine Basis herum positioniert sind, z.B. ge-...-e in Gerede. Mit Zirkumfixen werden Nomina (z.B. Gerede), Adjektive (z.B. gefügig) und Verben gebildet (z.B. besänftigen). In der Forschungsliteratur ist umstritten, ob diese Einheiten als Kombination aus Präfix und Suffix (Polenz 1980, Fleischer/ Barz 1995) oder als gesonderte Affixart analysiert werden sollen: Nach der Kombinationshypothese werden Wortbildungsprodukte wie Gerede als dreiteilige Strukturen aus einem Präfix (ge-), einer Basis (red-) und einem Suffix (-e) verstanden: Ge(l)-red(2)-e(3). Nach der Zirkumfixhypothese werden Zirkumfixe als ein Affix angesehen: Ge(l)-red(2)-e(l). 2.3.7. Funktionen der Wortbildungsaffixe Während sich Affixe morphologisch klar von Wörtern durch ihre Gebundenheit und von Konfixen durch ihre Nichtbasisfähigkeit abgrenzen lassen, sind sie semantisch gesehen nicht prinzipiell abzugrenzen: Zwar unterscheiden sich Affixe von Wörtern und Konfixen dadurch, dass nur Affixe transponieren können (z.B. -heit in Schönheit), aber Affixe können ebenso wie Wörter und Konfixe Determinans (z.B. un- in unschön) oder Determinatum sein (z.B. -ling in Schönling). Im Folgenden werden die drei Funktionen der Wortbildungsaffixe erläutert:
2.3.7.1. Das transponierende Wortbildungsaffix Transposition (zu lat. transponere 'an einen anderen Ort versetzen, überführen') ist ein semantisch definierten Wortbildungsvorgang: Durch Transposition wird ein Wort in eine andere Wortart überführt und zwar so, dass sich nichts an der kategoriellen Bedeutung ändert, z.B. schön → Schönheit. Die kategorielle Bedeutung ist jene Bedeutung, die Wörter verschiedener Wortarten voneinander unterscheidet: Nomina bezeichnen ja üblicherweise Sachen und Sachverhalte, Adjektive bezeichnen üblicherweise Eigenschaften, Verben bezeichnen üblicherweise Tätigkeiten, Zustände usw. Bei Wortbildungsprodukten wird mitunter die kategorielle Bedeutung der Basis übernommen: Zwar ist Schönheit ein Nomen, es hat aber die kategorielle Bedeutung seines Basisadjektivs; sowohl schön als auch Schönheit bezeichnen Eigenschaften. Wortbildnerisch verändert wird also lediglich die grammatische Funktion. Nur Suffixe und Zirkumfixe transponieren, z.B. in Schönheit und Gerede. Dass Präfixe überwiegend nicht transponieren, liegt vor allem daran, dass sie in der Regel nicht die grammatischen Merkmale des Derivats bestimmen, z.B. in Megaparty, unschön. 2.3.7.2. Das determinierende Wortbildungsaffix Unter Determination (zu lat. determinare 'begrenzen, eingrenzen, festlegen, bestimmen') wird die semantische Bestimmung einer Einheit durch eine andere verstanden. Determinieren, also semantisch näher bestimmen, semantisch eingrenzen, spezifizieren können Wörter (z.B. determiniert König in Königsmantel Mantel) und Konfixe (z.B. determiniert bio- in Biobutter Butter), aber auch Präfixe (z.B. in unschön, beladen) und Suffixe (z.B. in Kindchen, grünlich, hüsteln). Die determinierende Einheit wird Determinans genannt. Mit determinierenden Wortbildungsaffixen kann vor allem ausgedrückt werden: - eine positive oder negative Bewertung, z.B. in Missheirat, Unwort, Romanchen, Dichterling. Der Sprecherschreiber bringt zum Ausdruck, dass er das von der Basis Bezeichnete goutiert oder ablehnt. Hierzu werden auch Diminutiva wie Kindchen gerechnet, weil deren Semantik weniger verkleinernd gemeint als affektiv ist: Ein Kindchen ist ein besonders liebes, besonders niedliches, besonders geliebtes, besonders schützenswertes Kind. - eine Hervorhebung, z.B. in Erzbösewicht, Megaunfall, Unzahl, hypersympathisch, ultraschön. Der Sprecherschreiber hebt das mit dem Derivat Bezeichnete aus der normalen Menge des mit der Basis Bezeichneten hervor: Ein Erzbösewicht ist aus der Menge aller Bösewichte dadurch hervorgehoben, dass er die charakteristischen Eigenschaften des normalen Bösewichts in besonders krasser Weise zeigt. - eine Relativierung, z.B. in Pseudovergnügen, paramilitärisch, grünlich. Der Sprecherschreiber relativiert den Aussagegehalt des von der Basis Bezeichneten: Ein Pseudovergnügen scheint zwar auf den ersten Blick ein Vergnügen zu sein oder wird als solches angepriesen, ist aber eigentlich nicht das, was man sich unter einem Vergnügen vorstellt. - eine Verneinung, z.B. in Undank, ahistorisch, destabil, unwesentlich. Der Sprecherschreiber stellt in Abrede, dass das von der Basis Bezeichnete überhaupt zutrifft: Undank ist kein Dank. 2.3.7.3. Das determinierte Wortbildungsaffix Diejenige Einheit eines komplexen Wortes, die seine Hauptbedeutung trägt und durch eine ihm untergeordnete Einheit (das Determinans) semantisch näher bestimmt wird, wird Determinatum genannt. In der Forschungsliteratur wird üblicherweise nur Wörtern und Konfixen dieser Status zugebilligt, z.B. Mantel in Königsmantel, Dank in Undank, doch spricht vieles dafür, auch Affixe als Determinata zu analysieren. Alle drei Affixarten, also Präfixe, Suffixe und Zirkumfixe, können das Determinatum eines komplexen Wortes sein. Wortbildungsprodukte, bei denen das Affix determiniert wird, sind z.B. Lehrer, Schönling, Sensibelchen, beschönigen, vergolden: Lehrer bezeichnet eine durch -er benannte Person, die semantisch eingegrenzt wird durch die zusätzliche Information, dass diese Person lehrt; Schönling bezeichnet eine durch -ling benannte (negativ konnotierte) Person, die die semantisch näher charakterisierende Eigenschaft hat, schön zu sein; beschönigen bezeichnet eine durch be-...-ig(en) benannte Tätigkeit, bei der das obligatorische Objekt mit der Eigenschaft 'schön' versehen wird (z.B. Immer beschönigt er seine Fehler); vergolden bezeichnet eine durch ver-...-(en) benannte Tätigkeit, bei der das obligatorische Objekt mit etwas und zwar mit Gold versehen wird (z.B. die Restaurateure vergolden das Eisengitter). Dass in den angeführten Beispielen das Affix Determinatum ist, also die Hauptbedeutung des komplexen Wortes trägt, bedeutet nicht, dass Affixe auch morphologisch basisfähig wären; vielmehr ist die morphologische Basis grundsätzlich ein Wort, ein Konfix, ein Satz, eine Phrase oder eine unikale Einheit. Morphologische Basis und semantisch dominante Einheit sind keineswegs immer identisch. 2.4. Die unikale Einheit Diachron, d.h. im Schnitt durch die Sprachgeschichte betrachtet, sind unikale, also nur einmal vorhandene Einheiten, auch unikale Morpheme, Quasi- und Pseudomorpheme genannt, überkommene Relikte aus früheren Epochen. Ehemals Wörter (z.B. lind 'Schlange'), sind sie heute als selbstständige Einheiten veraltet, treten aber noch gebunden, sozusagen festgefroren, an eine bestimmte andere Einheit in Komposita oder expliziten Derivaten auf: So kommt Lind- heute nur noch in der Kombination Lindwurm vor, vgl. auch Schorn- in Schornstein, Him- in Himbeere, Brom- in Brombeere, -gall in Nachtigall, -gam in Bräutigam, Sint- in Sintflut, -flat in Unflat, -ginn in beginnen, -gess in vergessen, -hunz in verhunzen, -lier in verlieren, plötz- in plötzlich, led- in ledig, fäh- in fähig und deft- in deftig. Synchron, d.h. auf einer Zeitebene betrachtet, sind unikale Einheiten gegenwartssprachlich lexikalisch völlig unverständliche Einheiten, die nicht mehr zur Bildung von Wörtern herangezogen werden. Unter diesem streng synchronen Aspekt verstehen Fleischer/Barz (1995) auch solche Einheiten als unikal, deren Bedeutung heute nicht mehr aus der tatsächlichen Basis erklärt werden kann: So ist z.B. gehören zwar sprachgeschichtlich wirklich auf hören zurückzuführen, lässt sich aber heute nicht mehr daraus erhellen. Dass hören heute gehören nicht mehr motiviert, liegt daran, dass das Derivat gehören umgedeutet wurde zu 'besitzen'. Im Prinzip kann eine unikale Einheit auch wieder entunikalisiert werden: So könnte zu Nachtigall etwa Nachmittagsgall gebildet werden. Was -gall ursprünglich bezeichnet hat (german. galen 'singen', vgl. heute noch gellen), weiß inzwischen zwar nur noch der Sprachhistoriker, aber aus dem Kompositum lässt sich leicht neu motivieren, dass die Gall offenbar ein nachtaktiver Vogel ist. Daraus können sich weitere Kombinationen mit Gall ergeben; die Gall kann wieder so frei in der Wortbildung herumflattern wie potenziell auch alle anderen unikalen Einheiten: Du wirst es nicht glauben, aber neulich habe ich gesehn, wie sich eine hunzliche Nachmittagsgall eine Himbirne aus Schwestergams Garten stibitzt hat. 2.5. Das Fugenelement Wortbildungsprodukte bestehen im Deutschen vor allem aus Wörtern, Konfixen und Wortbildungsaffixen, die miteinander kombiniert werden (z.B. Hutschachtel, Hochzeitstorte, Thermometer, mehrheitsfähig, öffentlich, identisch, bereden). Zwischen den segmentierbaren Einheiten, also z.B. zwischen Hut und Schachtel, befindet sich die Fuge: Hut [Fuge] Schachtel Die Fuge ist meist leer (z.B. bei Hutschachtel, identisch, unschön, bereden, vergolden), mitunter aber durch ein Fugenelement ausgefüllt (z.B. bei Hochzeitstorte): Hochzeit [Fugen-s] torte. Fugenelemente finden sich offenbar vor allem in nominalen und adjektivischen Komposita (z.B. Hochzeit-s-torte, Therm-o-meter, Strat-i-grafie, mehrheit-s-fähig, morph-o-syntaktisch). Die Fuge bei Verbkomposita ist bislang weniger exakt erforscht; soweit zu erkennen, ist sie immer leer. Im Deutschen finden sich in Komposita die Fugenelemente -i- (z.B. in Stratigrafie): Das aus dem Lateinischen entlehnte Fugenelement -i- wird extrem selten in Komposita, und zwar in solchen, die nur aus Konfixen bestehen, verwendet, z.B. Stratigrafie, Plastinaut. Es ist gegenwärtig in der deutschen Standardsprache kaum produktiv. -o- (z.B. in Thermometer): In Komposita mit Konfixen griechischer Herkunft steht in der Regel das aus dem Griechischen entlehnte Fugenelement -o-, z.B. Thermometer, anglophil, morphosyntaktisch. Auch Komposita aus Konfixen und einheimischen Wörtern zeigen -o-, z.B. Filzokratie, Thermojacke. Das Fugen-o- wird derzeit nur in der Lehnwortbildung, also in der Wortbildung mit entlehnten Einheiten verwendet. Während bei der Wortbildung mit ausschließlich einheimischen Einheiten die erste Einheit die Verwendung des Fugenelements steuert, richtet sich die Verwendung des Lehn-o- offenbar nicht nur nach der ersten, sondern ebenso nach der zweiten Einheit: Das Fugen-o- tritt auf, ganz gleich, ob die erste oder die zweite Einheit eine Lehneinheit ist, vgl. Filzokratie und Thermojacke. Endet die erste Einheit auf -o-, fällt das Auslaut-o- mit dem Fugen-o- zusammen, z.B. Biotop, egoman. -s- (z.B. Geschwindigkeitsrausch). Das frequente einheimische Fugenzeichen -s- entstand historisch aus einer Genitivform: Gottesbeweis ← Gottes Beweis. Von da wurde es ausgeweitet auf andere Fälle wie Einheitsbrei, in denen nach dem Paradigma kein Flexiv vorliegt. Es entstanden Analogiebildungen z.B. bei Feminina: Arbeitslohn - die Arbeit... Die Regularitäten für Fugenzeichen sind nicht ausformuliert und vielleicht nicht ausformulierbar, weil in verschiedenen Varietäten und der Sprachentwicklung scheinbar willkürlich mal Fugenzeichen auftauchen, mal nicht: Bahnhofapotheke vs. Bahnhofsapotheke, Verbandmaterial vs. Verbandsmaterial. Das Fugenelement -s- steht in der Regel in Komposita nach Ersteinheiten mit folgenden Suffixen: -heit (z.B. Schönheitswahn, mehrheitsfähig), -ion (z.B. Unionsvertreter, emotionsstark), -ität (z.B. Identitätskrise, realitätsfern), -keit/ -igkeit (z.B. Flüssigkeitsdepot, höflichkeitshalber), -schaft (z.B. Freundschaftsdienst, gemeinschaftsfördernd), -ung (z.B. Heizungsmonteur, erwartungsgemäß). Darüber hinaus zeigt sich eine Tendenz, das Fugen-s- dann einzusetzen, wenn die Ersteinheit komplex ist, z.B. Hochzeit in Hochzeitstorte. Im Gegensatz dazu wird bei ähnlichen Komposita, deren Ersteinheit ein einsilbiges Wort ist, kein Fugen-s- verwendet (z.B. Zeitmaß). Hier richtet sich die Verwendung des Fugenelements offenbar ganz nach der Ersteinheit. Mitunter zeigen sich regionale Unterschiede, etwa schweizerisch Abfahrtzeit gegenüber bundesdeutscher Abfahrtszeit, österreichisch Fabriksarbeiter gegenüber bundesdeutschem Fabrikarbeiter. Fugenelemente kommen außerdem gelegentlich in expliziten Derivaten vor. Sie treten zwischen Basis und Suffix, z.B. in gelegen-t-lich, öffen-t-lich, Bekenn-t-nis. In der Forschungsliteratur ist umstritten, ob man von Derivationsfugenelementen überhaupt sprechen sollte. Elemente wie das -t- in öffentlich können statt als Fugenelement auch als so genanntes Interfix oder als Bestandteil einer Suffixvariante (-tlich) interpretiert werden. Fugenelemente sind also semantisch leer und insofern Ausnahmen unter den Wortbildungseinheiten. Sie haben ausschließlich morphologische Funktionen; sie sind keine Einheiten, die Wörter bilden; sie sind lediglich auch noch irgendwie da. Verwendungsgründe für Fugenelemente sind u.a. die Erleichterung der Aussprache (z.B. Bekenntnis versus *Bekennnis, Hochzeitstorte versus *Hochzeittorte) und die Erleichterung der Rezeption eines komplexen Wortes. Die Fugenelemente können mitunter bedeutungsdifferenzierend wirken, vgl. Landmann ('Bauer') gegenüber Landsmann ('aus derselben Gegend stammend'). |