Лексикология современного немецкого языка
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Министерство образования и науки Российской Федерации ГОУВПО «Ивановский государственный университет» Факультет романо-германской филологии Кафедра немецкой филологии ЛЕКСИКОЛОГИЯ СОВРЕМЕННОГО НЕМЕЦКОГО ЯЗЫКА СЛОВООБРАЗОВАНИЕ Sprachliche Mittel der Wortbildung. Komposition учебно-методические рекомендации для студентов II курса немецкого отделения факультета РГФ Иваново Издательство «Ивановский государственный университет» 2011 Составитель: кандидат филологических наук М.В. Ополовникова Представлен материал для подготовки к семинарским занятиям по лексикологии современного немецкого языка по темам Sprachliche Mittel der Wortbildung и Komposition. Материал каждого семинара включает в себя вопросы, выносимые на обсуждение, теоретический материал, задания для самостоятельной работы. Издание предназначено для студентов II курса факультета РГФ, изучающих немецкий язык в качестве основного. Печатается по решению методической комиссии факультета Романо-германской филологии Ивановского государственного университета Рецензент: к.ф.н., доц. кафедры немецкой филологии ИвГУ Хорецкая Н.Ю. Seminar zum Thema „Sprachliche Mittel der Wortbildung“ Fragen zur Diskussion: 1. Morpheme als Konstituenten des Wortes. Typen von Morphemen: nach Bedeutung/Funktion, nach dem Grad der Selbstständigkeit. 2. Die Einheiten der Wortbildung a) Das Wort b) Das Konfix c) Das Wortbildungsaffix: Allgemeines, Affixmerkmale, Klassifikation der Wortbildungsaffixe (Präfix, Suffix, Affixoid, Zirkumfix), Funktionen der Wortbildungsaffixe (transponierende, determinierende, determinierte Wortbildungsaffixe) d) Die unikale Einheit e) Das Fugenelement 3. Wortbildungskonstruktion: Syntax und Semantik von WBK, Beschaffenheit der UK in den Hauptwortbildungsarten Theoretischer Stoff 1. Morpheme als Konstituenten des Wortes 1.1. Allgemeines Morpheme sind die kleinsten lautlichen oder graphischen Einheiten mit einer Bedeutung oder grammatischen Funktion. Im Gegensatz zu komplexen Wörtern sind Morpheme nicht weiter in bedeutungstragende Einheiten zerlegbar. Sie sind die minimalen Einheiten der Wortstruktur. Morpheme bestehen ihrerseits aus Phonemen, die keine Bedeutung haben. Morpheme sind in der Regel reproduzierbar und wiederholbar, d.h., sie werden in unserem mentalen Lexikon gespeichert und sind so immer wieder für neue Kombinationen abrufbar. Während das Phoneminventar einer Sprache klein ist (zwischen 25 und 40 Einheiten), ist die Anzahl der Morpheme schon recht viel größer. Zwar sind in einer Sprache bei Weitem nicht alle Kombinationen möglicher Phonemfolgen realisiert, dennoch würde ein Morphemwörterbuch des Deutschen mehr als 20.000 Morpheme enthalten. Morpheme bilden die Konstituenten der Wortstruktur und ergeben durch Kombination neue Wörter und Wortformen. 1.2. Typen von Morphemen Das Morpheminventar des Deutschen lässt sich nach folgenden Kriterien erfassen:
Auf dem Kriterium der Funktion basiert die Einteilung in lexikalische und grammatische Morpheme. Lexikalische Morpheme werden auch Grund- oder Wurzel- oder Basis- oder Kern-Morpheme genannt. Sie tragen eine Bedeutung im engeren Sinne, d.h. sie referieren auf Außersprachliches. Grammatische Morpheme tragen dagegen eher innersprachliche 'Bedeutung' (man spricht auch von grammatischer Bedeutung). Die Bedeutung von grammatischen Morphemen ist mit ihrer grammatischen Funktion gleichzusetzen. Klassische Fälle sind hier etwa die sogenannten Flexionsmorpheme wie Kasus-, Numerus-, Person-Morpheme oder auch Adjektiv-Markierungen wie -lich, -haft, Substantiv-Markierungen wie -heit, -ung usw. Nach der Bedeutung/Funktion sind zu unterscheiden: - Basismorpheme (BM) sind Träger der lexikalisch-begrifflichen Bedeutung. - Wortbildungsmorpheme (WBM) dienen der Bildung neuer Wörter, und sie vermitteln sowohl lexikalisch-begriffliche Informationen (z.B. Schulung 'abstrakt', 'Prozess') als auch grammatische Informationen ('Substantiv', 'feminin'). - Flexionsmorpheme (FM) tragen grammatische Bedeutung und repräsentieren die so genannten grammatischen Kategorien der flektierbaren Wortklassen (Kindern: Numerus 'Plural', Kasus 'Dativ'). Sie konstituieren Wortformen. - Fugenelemente (FE) treten nur wortintern auf und stellen fakultative Funktionszeichen der Verknüpfung von Konstituenten dar. - Mitunter können zwei oder mehrere Bedeutungsinformationen in eine morphologische Einheit eingehen. Man spricht dann von einem Port-manteau-Morphem (PM), z.B. bei gleichzeitiger Repräsentanz der beiden Morpheme in und dem durch im. Nach dem Kriterium der Selbstständigkeit werden freie und gebundene Morpheme unterschieden. Freie Morpheme sind Morpheme, die als eigenständige Wortform auftreten können. Sie können alleine in Äußerungen stehen und ein Wort bilden. Gebundene Morpheme treten dagegen nie als selbständige Wortform, sondern immer nur zusammen mit anderen Morphemen in einer Wortform auf, so etwa -bar frucht-bar, -heit in gott-heit. Gebundene Morpheme werden immer an andere Morpheme angehängt. Sie sind somit immer abhängige Bestandteile eines komplexen Wortes. Die Unterscheidung in freie und gebundene Morpheme entspricht im wesentlichen der Einteilung in Grundmorpheme einerseits sowie Flexions- und Wortbildungsmorpheme (Affixe) andererseits. Abgesehen von den reinen Funktionswörtern - sie gehören aufgrund des Fehlens von lexikalisch-begrifflicher Bedeutung streng genommen nicht zu den Basismorphemen (z. B. dass, der) - können nur die eigentlichen Basismorpheme frei sein, d. h. Wortstatus einnehmen (Berg, Maus, Tisch). Wortbildungsmorpheme und Flexionsmorpheme sind stets gebunden - sie können ohne Kombination mit einem Basismorphem keinen Wortstatus erhalten (unfrei, Türen). Aber auch Basismorpheme kommen nicht immer frei vor: Die Stämme deutscher Verben, werden als gebundene lexikalische Morpheme klassifiziert. Verbale Basismorpheme benötigen grundsätzlich zur Wortfähigkeit das Flexionsmorphem des Infinitiv Präsens Aktiv -en (nehmen, lesen, weinen) oder ein anderes Flexionsmorphem (weinte, nehmt). Gebundene grammatische Morpheme nennt man Affixe, und man spricht von affigieren und Affigierung. Je nach Ort der Affigierung kann man Präfixe (vorn), Suffixe (hinten), Infixe (in ein Morphem hinein) und Zirkumfixe (um ein anderes Morphem herum) unterscheiden. Infixe gibt es im Deutschen nicht. Das, woran affigiert wird, heißt Stamm. Das kann ein einzelnes freies Morphem sein, das kann aber auch ein morphologischer Komplex sein. 2. Die Einheiten der Wortbildung Wortbildung lässt sich definieren als ein Prozess, der dazu dient, Wörter aus dem bedeutungshaltigem Sprachmaterial einer Sprache zu bilden. Im Deutschen werden Wörter vor allem aus Wörtern, Konfixen und Wortbildungsaffixen gebildet, seltener aus Sätzen und Phrasen. Außerdem sind an der Wortbildung Fugenelemente beteiligt. Unikale Einheiten werden aktuell nicht mehr zur Wortbildung herangezogen, finden sich aber in etablierten Wortbildungsprodukten. 2.1. Das Wort Wörter sind abstrakte Einheiten, die in Texten als Wortformen realisiert werden: So umfasst ein Wort wie König (als abstrakte Einheit) Wortformen wie König, Königs, Könige, Königen. Wörter kommen als Wortformen grundsätzlich frei vor. Die Definition des Wortes als frei vorkommend ist besonders relevant für die Abgrenzung der Wörter von den Konfixen. Auch in der Wortbildung werden Wörter stets als Wortformen und zwar meist in der Stammform verwendet, z.B. ess- und erfreu- in Esstisch und erfreulich, Hut in Hutschachtel oder grün in grünen. Mitunter können aber auch andere Verb-, Nomen- und Adjektivformen Wörter bilden, z.B. Infinitivformen wie laufen in Wortbildungsprodukten wie das Laufen, Genitivformen wie Sohnes in Sohnespflicht, Pluralformen wie Kinder in Kindergarten oder Komparativformen wie breiter in verbreitern. Wörter sind prinzipiell kompositionsgliedfähig, d.h., Wörter können mit Wörtern oder Konfixen zu Komposita zusammengesetzt werden, z.B. zu Königsmantel, pantherschön, Biowein. Darüber hinaus sind Wörter grundsätzlich basisfähig, d.h., sie kommen als morphologische Basen von Derivaten in Frage, z.B. in schön, Herz, Fisch, Gold und Sie in Schönheit, herzlich, fischen, vergolden, siezen. Zu unterscheiden sind einfache Wörter, so genannte Simplicia (Sg. Simplex, zu lat. simplex, simplicis 'aus einem Teil bestehend, einfach'), und komplexe Wörter. Komplexe Wörter entstehen durch Wortbildung: So entsteht aus dem einfachen Wort schön das komplexe Wort beschönigen, aus dem einfachen Wort Schachtel entsteht das komplexe Wort Hutschachtel. Auch komplexe Wörter können wiederum kombiniert werden und weitere komplexe Wörter bilden, z.B. beschönigen → Beschönigung → Beschönigungsmeister → Beschönigungsmeisterin. Besonders bei der Bildung von nominalen Komposita sind Sprecherschreiber im Deutschen relativ uneingeschränkt; deutsche Nomenkomposita können extrem komplex sein, z.B. in: Die Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänswitwenkomposi-tabildungsexpertenrunde bildete zur Freude der lächelnd dabei sitzenden Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänswitwe zwei Tage lang pausenlos Donaudampfschifffahrts-gesellschaftskapitänswitwenkomposita von nie gesehener Schönheit. 2.2. Das Konfix Konfixe sind Einheiten, die in Texten nur gebunden vorkommen. Darin unterscheiden sie sich elementar von den Wörtern: Im Gegensatz zu Wörtern erscheinen Konfixe (z.B. ident-) weder selbst frei, noch können sie unmittelbar mit Flexionsaffixen syntaktisch nutzbar gemacht werden, z.B. seine *Ident ist noch nicht geklärt, ihre *Identen sind noch nicht geklärt. Konfixe sind demnach keine Wortformen. Sie sind aber wie Wörter basisfähig, indem sie mit Wortbildungsaffixen wie -isch Derivate bilden können, z.B. identisch. Dies unterscheidet Konfixe elementar von den Wortbildungsaffixen, die nicht basisfähig sind. Einige Konfixe sind nicht nur basis-, sondern auch kompositionsgliedfähig, d.h., sie bilden mit Wörtern oder Konfixen Komposita, z.B. Thermojacke, Thermostat, Biotop, Politclown, Invest-Angebot, bibliophil. Eine große Gruppe von Konfixen kommt ausschließlich als Ersteinheit vor, z.B. bio- in Biojoghurt, Biotop, biotisch, fanat- in Fanatiker, fanatisch, fanatisieren, honor- in Honorar, honorabel, honorieren, ident- in Identität, identisch, identifizieren, invest- in investieren, Investfond, rhythm- in Rhythmik, rhythmisch, simul- in Simulant, simulieren. Einige Konfixe kommen ausschließlich als Zweiteinheiten vor, z.B. -drom in Aquadrom, Eurodrom, -lekt in Dialekt, Soziolekt und -zid in Biozid, Herbizid. Wenige andere Konfixe wiederum sind nicht positionsfest; sie können als Erst- und als Zweiteinheit verwendet werden, z.B. graf-/-graf in Grafie, Biograf, phil-/-phil in Philosoph, bibliophil, phob-/-phob in phobisch, xenophob oder therm-/-therm in thermisch, endotherm. Als Zweiteinheiten bestimmen Konfixe jeweils die grammatische Kategorie des Wortbildungsprodukts, also die Wortart, das Genus usw. Selten gibt es bei den reinen Zweiteinheiten wortartunspezifische Konfixe wie -zid in Herbizid und bakteriozid. Konfixe sind vor allem Einheiten der Lehnwortbildung, also der Wortbildung mit entlehnten Einheiten. Aber auch einheimische Einheiten wie stief-, schwieger- und zimper- betrachtet man als Konfixe, weil sie den Hauptkriterien entsprechen: Sie sind gebunden und zumindest begrenzt basisfähig, z.B. stieflich, schwiegerlich, zimperlich. Konfixe werden also nicht nur entlehnt (z.B. bio- von griech. bios 'Leben') oder entstehen aus mittelbar derivierbaren Konfixen (z.B. geolog- ← geo- + log-); einige wenige Konfixe sind auch Relikte der Sprachgeschichte. 2.3. Das Wortbildungsaffix 2.3.1. Allgemeines Affixe sind Bausteine für die Derivation. Will man Wortbildungsaffixe, auch Ableitungs- oder Derivationsaffixe, Ableitungs- oder Derivationsmorpheme, von Wörtern und Konfixen abgrenzen, sind hierfür ausschließlich morphologische Kriterien ausschlaggebend: Affixe sind erstens im Gegensatz zu Wörtern gebunden, d.h., sie kommen weder selbst frei vor, noch können sie durch Anhängen von Flexionsaffixen syntaktisch unmittelbar nutzbar gemacht werden. Zweitens sind Affixe im Gegensatz zu Wörtern und Konfixen nicht basisfähig, d.h., Affixe können nicht mit sich selbst Wörter bilden (z.B.*verlich), sie können nur mit Basen, also z.B. mit Wörtern oder Konfixen, Wörter bilden, z.B. Schönheit, Pseudovergnügen, Gerede, identisch, unschön, festigen, vergolden, ermutigen. Die Wortbildung mit Affixen wird explizite Derivation genannt. Morphologisch gesehen sind Wortbildungsaffixe als gebundene Einheiten darüber hinaus abzugrenzen von den ebenfalls gebundenen, aber im Gegensatz zu den Wortbildungsaffixen semantisch leeren Fugenelementen, z.B. dem Fugenelement -s- in Hochzeitstorte, sowie andererseits von den gebundenen, aber im Gegensatz zu den Wortbildungsaffixen nicht zur Wortbildung, sondern zur Syntax gehörenden Flexionssuffixen, z.B. dem Flexionssuffix -ete in er redete und redete und redete. Zahlreiche Affixe haben sich aus einheimischen Wörtern entwickelt (z.B. -heit aus mhd. heit 'Art und Weise, Eigenschaft, Person, Stand'), einige Affixe aus entlehnten Affixen (z.B. -er von lat. -ari(us)), einige Affixe sind noch als Entlehnungen erkennbar (z.B. -abel zu franz. -able). Einheiten, die diachron betrachtet möglicherweise auf dem Wege von Wörtern zu Affixen sind, werden mitunter als Affixoide oder Halbaffixe bezeichnet (z.B. frei in atomfreie Zone). Der Affixoidbegriff wird jedoch in der neueren Forschungsliteratur überwiegend als unnötig angesehen. Das Inventar der Wortbildungsmorpheme ist umfangreich und starken Veränderungen ausgesetzt. Seine Vermehrung erfolgt auf verschiedene Weise: durch direkte Entlehnungen (aus dem Französischen -ei, -ier(en); aus dem Lateinischen -is-mus, -ist), durch Morphematisierung fremdsprachiger Elemente (inter-). Bei zahlreichen heute eindeutig als Affix identifizierbaren Morphemen ist die Entwicklung aus Grundmorphemen seit dem Althochdeutschen nachvollziehbar, z. B. bei -schaft (aus ahd. scaf ‚Beschaffenheit'), -tum (aus ahd. tuom ,Urteil'), -haft (aus ahd. haft ,behaftet, gebunden'), -lich (aus ahd. lih ,Körper'). Als gegenläufige Tendenz zur Vermehrung des Affixbestandes ist das Untergehen von Affixen zu betrachten, z. B. durch das Verschmelzen von Affix und Wortbildungsbasis, in dessen Folge die fraglichen Gebilde synchron allerdings noch als Wortbildungstyp zu erkennen sind wie Gebärde aus mhd. gebären ,sich benehmen, verfahren', Begierde aus begehren mit Suffix -de oder Bucht aus biegen, Zucht aus ziehen mit Suffix -t. Völlig verschwunden ist der Konstruktionscharakter von Wörtern Zaum zu ziehen, bei denen das idg. Suffix -mo heute zum Grundmorphem gehört. 2.3.2. Affixmerkmale Affixe verfügen über folgende Eigenschaften: 1) Affixe sind reihenbildend. Unter Reihenbildung ist das wiederholte Vorkommen des Affixes in Wortbildungskonstruktionen ein und desselben Modells zu verstehen, vgl. -bar in eß-, hör-, mach-, waschbar. 2) Im Vergleich zu Grundmorphemen haben Affixe eine abstraktere Bedeutung. Formgleiche Morpheme sind Homonyme, vgl. Bar / -bar. 3) Affixe kommen nur gebunden vor und sind in Bezug auf die Basis positionsfest. 4) Affixe sind nicht basisfähig. 5) Affixe sind meist einsilbig. Sie bestehen aus einem Vokal und einem oder mehreren Konsonanten, vgl. be-, -in, -lein; aber: -mäßig. 6) Affixe unterliegen in der Verbindung mit Wörtern bzw. Grundmorphemen bestimmten Distributionsbeschränkungen. Sie verbinden sich nicht mit allen Wortarten und innerhalb einer Wortart nur mit bestimmten Subklassen. Das Suffix -bar tritt z. B. nicht an durative intransitive und auch nicht an reflexive Verben. 7) Vokalisch anlautende Suffixe werden in der Regel mit einem konsonantischen Basisauslaut zu einer Silbe gebunden, so dass Morphem- und Silbengrenze einander nicht entsprechen. Bei Kompositionsgliedern stimmen auch bei vokalischem Anlaut Morphem- und Silbengrenze überein, vgl. Maler / Ma-ler gegenüber Hühner-ei. 8) Affixe werden entweder vor einer Basis, nach einer Basis oder um eine Basis herum positioniert: Affixe vor einer Basis heißen Präfixe (z.B. un-, ur- und er- in Unglück, urgemütlich, erblühen). Affixe nach einer Basis heißen Suffixe (z.B. -heit, -lich, -abel und -ig(en) in Schönheit, glücklich, diskutabel, festigen). Affixe um eine Basis herum heißen Zirkumfixe (z.B. ge-...-e in Gerede). Mit der unterschiedlichen Position sind weitere wesentliche Unterschiede zwischen Präfix und Suffix verbunden. 2.3.3. Das Präfix Präfixe (zu lat. praefigere 'vorn anheften') werden morphologisch definiert als gebundene Einheiten, die stets vor einer Basis positioniert sind (z.B. mini-, ur- und ver- in Minigarten, urgemütlich, vergolden). Präfixe verbinden sich mit Nomina (z.B. Megaparty, Misston, Untat), Adjektiven (z.B. hypernervös, missverständlich, unklug) und Verben (z.B. begeistern, destabilisieren, entzaubern, erhoffen, verspielen). Präfixe bestehen überwiegend aus einer Silbe (Ausnahmen sind vor allem Lehnpräfixe wie hyper-, mega-, mini-) und sind entweder betont oder unbetont. Bei der Präfigierung von Nomina und Adjektiven spielen die Präfixe syntaktisch - im Gegensatz zu den Suffixen und Zirkumfixen - keine Rolle: Während Suffixe und Zirkumfixe als zweite Einheiten grundsätzlich alle grammatischen Merkmale eines Derivats bestimmen - so legt das Suffix -heit fest, dass das mit ihm abgeleitete Derivat ein feminines Nomen ist (z.B. Schönheit), das Zirkumfix ge-...-e legt fest, dass das mit ihm abgeleitete Derivat ein neutrales Nomen ist (z.B. das Gerede) - können Präfixe in Nomen- und Adjektivderivaten das nicht: In Untat und unklug bestimmt jeweils das Wort die grammatische Kategorie. Dagegen legen die Präfixe denominaler und deadjektivischer Verbderivate (z.B. vergolden, verarmen) alle grammatischen Merkmale fest. Die zentralen einheimischen Präfixe, die Verben aus Nomina oder Adjektiven ableiten, nämlich be-, ent-, er-, ver- und zer- (z.B. in betäuben, entkernen, erdolchen, vergüten, zerscherben), werden ausschließlich zur Verbderivation verwendet. Im Gegensatz zu Suffixen können einige Präfixe vervielfacht werden, z.B. unsere Vor-Vorfahren, meine Urururururenkel. Besonders bei hervorhebenden Präfixen sind außerdem weitere Hervorhebungen möglich, z.B. megaultrahyperschlau. Nicht zu den Präfixen rechnet man die Ersteinheiten in Wortbildungsprodukten wie abstehen, ansehen, vorgehen. Verben dieses Typs sind Präverbfügungen, d.h. als Fügungen aus einem Verb, z.B. stehen, und einer Präpositon in der Funktion eines Präverbs, z.B. ab. Präverbfügungen bestehen aus syntaktisch mobilen Einheiten, z.B. in ihre Ohren stehen, wenn ich das mal so uncharmant direkt sagen darf, ziemlich weit ab. Ungefähre Frequenzanteile deutscher Präfixe (in einem Korpus von etwa 2 Mio. Textwörtern): ver- 35%, be- 24%, un- 17%, er- 13%, ent- 9%, zer- 2%. |