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  • 3. Determinativkomposita 3.1. Allgemeine Charakteristik

  • 3.2. Rektionskomposita vs. Nichtrektionskomposita

  • Rektionskomposita

  • Nichtrektionskompositum

  • 3.3. Die Segmentierung von Komposita

  • 3.4. Einige Besonderheiten der Kompositaschreibung

  • 3.5. Klassifikation der Determinativkomposita 3.5.1. Das nominale Determinativkompositum 3.5.1.1. Allgemeines

  • 3.5.1.2. Das Nomen-Nomen-Kompositum

  • Лексикология современного немецкого языка


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    НазваниеЛексикология современного немецкого языка
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    Дата10.07.2018
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    2. Ursachen der Entstehung
    1) Den Hauptgrund der Entwicklung von Zusammensetzungen bildet die Besonderheit des syntaktischen Baus des deutschen Satzes in den früheren Epochen der Sprachentwicklung: für den deutschen Satz war die Voranstellung des Genitivattributs typisch. Diese syntaktische Konstruktion ermöglichte die Verbindung zu einer neuen lexikalischen Einheit des bestimmenden Wortes mit dem von ihm bestimmten. Das beweisen solche Zusammensetzungen der modernen deutschen Sprache wie Königssohn, Blumenkranz u. a.

    2) In derselben Richtung hat sich auch eine andere deutsche syntaktische Konstruktion entwickelt, nämlich Adjektiv + Substantiv.

    Die kurze unflektierte Form des Adjektivs konnte in der attributiven Funktion dem Substantiv vorangehen, was wiederum die Ent­stehung eines neuen Wortes zur Folge hatte. Aus der syntaktischen Konstruktion edel man hat sich das zusam­mengesetzte Wort der Edelmann entwickelt. Nach Analogie entstehen später verschiedene andere Zusammensetzungen: Rotwein, Schwarz­brot, Neubauer u. a.

    3) Im Vergleich mit der russischen Sprache sind in der deutschen verhältnismäßig wenig wortbildende Suffixe vorhanden, mit deren Hilfe man Adjektive bilden kann: -ig, -liсh, -isch, -bar, -sam, -haft, -en.

    4) Der Mangel an Adjektiven und vor allem an relativen Adjektiven hat auch die Entwicklung der Zusammensetzung der deutschen Sprache befördert. Im Deutschen fehlen Äquivalente für solche russische Adjektive wie морской, полевой, лесной. Dementsprechend gibt es in der deutschen Sprache solche Sub­stantive wie Seeluft, Feldblume, Waldblume, die den russischen syntaktischen Gruppen морской возäух, полевой öветок, лесной цве­ток entsprechen.

    5) Endlich ist auch das Gesetz der Analogie von großer Bedeutung für die Entwicklung der Zusammensetzung in der deutschen Sprache. Nach den schon existierenden wortbildenden Modellen werden immer neue zusammengesetzte Wörter gebildet, sogar in Fällen, in denen auch Möglichkeiten zur Bildung syntaktischer Gruppen vorhanden sind. So bestehen parallel solche Wortgruppen wie die gestrickte Mütze einerseits und solche Zusammensetzungen wie die Strickmütze andererseits: die goldene Uhr und die Golduhr usw. Hier wirkt das Gesetz der Analogie.
    Im Hinblick auf die Art der Beziehungen zwischen den unmittelbaren Konstituenten eines Kompositums werden folgende Arten von Komposita unterschieden:

    • Determinativkomposita

    • Kopulativkomposita

    • Sonderfälle der Komposition (Zusammenrückung, Zusammenbildung).



    3. Determinativkomposita
    3.1. Allgemeine Charakteristik

    Determinativkomposita (attributive Zusammensetzungen, Bestim­mungszusammensetzungen) sind der Normalfall der Komposita. Typische Determinativkomposita sind z.B. Königsmantel, Gartenhausidylle, Biotop, zu­ckersüß, biodynamisch, knirschkauen. Determinativkomposita repräsentieren die umfangreichste und produktivste Gruppe unter den Kompo­sita.

    Zusammensetzungen dieser Art bestehen aus zwei Gliedern. Das zweite Glied ist das Grund­wort. Es wird von dem ersten Glied genauer bestimmt / determiniert. Das erste Glied heißt Bestimmungswort. Das Grundwort legt die Wortart und das Geschlecht fest: die Bierflasche vs. das Flaschenbier. Der Hauptakzent liegt bei Determinativkomposita stets auf der ersten Ein­heit, z.B. Hütschachtel, Kindergarten.

    Komposita werden wie alle Wortbildungsprodukte grundsätzlich zusam­mengeschrieben. Bei der Komposition zeigen sich allerdings im gegenwärti­gen Deutschen einige Besonderheiten, so die Getrenntschreibung (z.B. Se­sam Krokant Keks) und die Binnengroßschreibung (z.B. KopfHörer). Oft wird ein Bindestrich gesetzt, um neue Bildungen übersichtlich zu machen: Nonstop-Video-Festival.

    Die Anzahl der Kompositionsglieder ist unterschiedlich. Viergliedrige Bildungen sind in der Gegenwartssprache noch typisch: Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Eines der längsten lexikalisierten gegenwartssprachlichen Determinativkomposita ist Überseereichweitenfernsehrichtfunkverbindung.

    Unabhängig davon, aus wie vielen Einheiten ein Determinativkompositum besteht, ist es binär strukturiert, d.h., Determinativkompo­sita sind so aufgebaut, dass sie jeweils in zwei Einheiten unterteilt werden können:

    Gartenhaus( l )idylle(2)

    Garten( l )haus(2)

    Die auf den einzelnen Segmentierungsstufen jeweils isolierbaren Einheiten (z.B. Gartenhaus und Idylle oder Garten und Haus) werden unmittelbare Konstituenten genannt.
    Zwischen Grundwort und Bestimmungswort bestehen vielfältige semantische Beziehungen.

    Grundwort - Kleid.

    Zeit des Tragens - Winterkleid, Sommerkleid.

    Besondere Gelegenheit - Hochzeitskleid, Ballkleid, Festkleid.

    Form - Dirndelkleid, Matrosenkleid, Hosenkleid.

    Material - Samtkleid, Wollkleid, Seidenkleid.

    Zwischen den Einheiten eines Determinativkompositums besteht eine spezifische Be­deutungsbeziehung: Für Determinativkomposita gilt grundsätzlich, dass die zweite Einheit durch die erste determiniert wird. So determiniert z.B. Hut in Hutschachtel die zweite Einheit Schachtel; die semantische Eingrenzung besteht darin, dass durch Hut ein bestimmter Zweck von Schachtel themati­siert wird: Hutschachtel bezeichnet eine Schachtel zur Aufbewahrung eines Hutes. Bei Komposita heißt die determinierte, übergeordnete Zweiteinheit Grundwort oder Determinatum; die determinierende, untergeordnete Erst­einheit heißt Bestimmungswort oder Determinans.

    Das Grundwort oder Determinatum eines Kompositums bestimmt grund­sätzlich nicht nur die grammatischen Merkmale und damit die kategorielle Bedeutung, sondern auch die lexikalische Bedeutung des Kompositums: So bestimmt z.B. das Determinatum Garten, dass die Komposita Kleingarten und Gemüsegarten einen Garten bezeichnen. Das Grundwort oder Determi­natum ist das Hyperonym, der Oberbegriff. Es gilt: AB ist B. So ist eine Hutschachtel eine Schachtel, pantherelegant ist elegant.
    3.2. Rektionskomposita vs. Nichtrektionskomposita

    Die semantische Relation zwischen den UK von Determinativkomposita kann sehr vielfältig sein. In den meisten Fällen ist sie nicht festgelegt, sondern muss vom Sprachträger aufgrund seines Welt- bzw. Sprachwissens erst erschlossen werden. So wird man einen Weinkeller als 'Keller, in dem Wein aufbewahrt wird' verstehen, Physikstunde als 'Unterrichtsstunde im Fach Physik' interpretieren und Holzschup­pen entweder als 'Schuppen, der aus Holz besteht' oder als 'Schuppen, in dem Holz gelagert wird' auffassen.

    Grammatisch vorhersagbar ist die semantische Relation bei den so genannten Rektionskomposita aufgrund einer Argument-Prädikat-Relation zwischen den UK: Bei dem Kompositum Postzusteller z. B. ist die Head-Konstituente ein Derivat des Verbs zustellen. Dieses besitzt aufgrund seiner Rektionseigenschaft eine Argumentstruktur, die ein Agens ('jemand'), einen Adressaten ('jemandem') und ein Thema ('etwas') als Argumente enthält. Im Zuge der Derivation von V zu N kann diese Argument­struktur an das komplexe Nomen vererbt werden (wobei in Wortstrukturen in der Regel nur ein Argument realisierbar ist). Das Erstglied Post wird somit als Argument des deverbalen Heads Zusteller verstanden. Weitere Beispiele für Rektionskomposita sind:

    a. Autofahrer ('ein Auto fahren'),

    b. Mathematiklehrer ('Mathematik lehren'),

    c. Stromverbrauch ('Strom verbrauchen'),

    d. Grippevorbeugung ('der Grippe vorbeugen'),

    e. Messeteilnahme ('an der Messe teilnehmen'),

    f. Amtsenthebung ('des Amtes entheben'),

    g. Englisch-Deutsch-Übersetzung ('vom Englischen ins Deutsche überset­zen'),

    h. Mutter-Kind-Betreuung ('die Mutter betreut das Kind'; aber auch: 'Mutter und Kind betreuen').

    In den Beispielen g und h wird durch Determinativkomposita mit Wortgruppenkon­stituente die Möglichkeit genutzt, mehr als jeweils nur ein Argument in die Wort­struktur einzubringen. Allerdings ist auch die Rektionslesart nicht immer zwingend und somit die grammatische Vorhersagbarkeit der semantischen Relation zwischen den UK nicht garantiert.

    Ein Bürovermieter kann zwar Büros vermieten. Dieses Wort kann aber genauso gut jemanden bezeichnen, der Häuser und Wohnungen von sei­nem Büro aus vermietet.

    Besetzt die 1. UK kein Argument innerhalb der Argumentstruktur der Head-Konsti­tuente wie in der sekundären Interpretation von Bürovermieter, liegt auch kein Rektionskompositum, sondern ein Nichtrektionskompositum vor. Nur als solche zu interpretieren sind Unfallfahrer, Hochschullehrer, Sofortverbrauch. Zu ihnen werden auch die Bildungen Weinkeller, Physikstunde, Holzschuppen ge­zählt, deren 2. UK gar keine Argumentstruktur besitzt.

    Mitunter können Rektions­komposita auch in ihrer Rektionslesart ambig sein. In Senatsvorlage kann die 1. UK als „Agens-Argument" ('der Senat legt x vor') oder „Adressaten-Argument" ('dem Senat x vorlegen') verstanden werden, in Personalausstattung kann ebenfalls zwi­schen zwei Argumenten gewählt werden ('mit Personal ausstatten' neben 'das Per­sonal ausstatten').
    3.3. Die Segmentierung von Komposita

    Meist ist ein des Deutschen mächtiger Hörerleser in der Lage, Komposita in sinn­volle Einheiten zu segmentieren, d.h. zu zerlegen, zu zergliedern. Extreme Segmen­tierungen wie Weh-rufer (Wehr-ufer), Pedalan-ordnung (Pedal-anordnung) oder Blumento-pferde (Blumentopf-erde) kommen zwar beim Lesen immer mal wieder vor, werden aber überwiegend sofort als unstimmig erkannt. Segmentierung ist also kein ernsthaftes Problem für die Verständigung.

    Als semantisch sinnvoll ergeben sich grundsätzlich die oben beschriebenen binären Strukturen. Mitunter sind bei Segmentierungen jedoch die Grenzen nicht immer so eindeu­tig zu bestimmen: Je nach Kontext kann z.B. Kindergeburtstagsfeier sowohl zerlegt werden in Kinder und Geburtstagsfeier 'Geburtstagsfeier mit Kindern/für Kinder' oder in Kindergeburtstag und Feier 'Feier anlässlich eines Kindergeburtstags, z.B. mit den Großeltern und einer angeheirateten Tante dritten Grades'.

    Die jeweils binär verzweigte Struktur von Determinativkomposita lässt sich hierar­chisch in einem Baumdiagramm darstellen:



    Zu unterscheiden sind links-, rechts-, und beidseitig verzweigte Determinativkomposita.

    Ein linksverzweigtes Kompositum ist z.B. Tüllgardinenstange:
    Ein rechtsverzweigtes Kompositum ist z.B. Metallgardinenstange:



    Beidseitig verzweigt sind Komposita wie Edelmarzipankonditortorte:



    3.4. Einige Besonderheiten der Kompositaschreibung

    Komposita werden wie alle anderen Wörter nach den gültigen Orthografieregeln des Deutschen zusammengeschrieben, also ohne Leerzeichen zwischen den Kompositionseinheiten, z.B. Traumdeutung, pantherelegant, kryptophil.

    Bei unübersichtlichen Komposita wird zur Erleichterung des Lesens der so genannte Durchkoppelungs- oder Erläuterungsbindestrich empfohlen bzw. vorgeschrieben, z.B. Tee-Ernte, Zoo-Orchester, Grüne-Bohnen-Salat, Entweder-Oder-Strategie, rot-blau-aprikosenfarbene Fahnen. Bindestrichschreibung gilt ebenfalls als Zusammen­schreibung.

    In jüngster Zeit verbreitet sich entgegen der geltenden Zusammenschreibregel vor allem bei Produktaufschriften eine - möglicherweise von angloamerikanischen Vor­bildern wie cake tin oder game park inspirierte - Getrenntschreibung, z.B. Der Se­sam Krokant Keks wird ohne Milch- und Eiprodukte hergestellt (Aufschrift auf Pauly-Vollkornkekspackung), Super Sommer Spar Menü (Pla­katwerbung von McDonalds), Der Apfel Birnen Kürbis Mann (Bilderbuchtitel), Feine Marzipan Rohmasse (Aufschrift auf Marzipanfertig­produkt).

    Seit den 90er-Jahren wird vor allem bei Warenbezeichnungen mitunter Binnengroß­schreibung praktiziert, z.B. BahnCard, InterRail, NaturRohstoffe, PostGiro, KopfHörer. Ob sich diese Schreibungen längerfristig etablieren können, ist augenblicklich noch nicht auszumachen. Die Tendenz zu einem entspannteren Umgang mit der Orthografie ist aber unverkennbar.
    3.5. Klassifikation der Determinativkomposita
    3.5.1. Das nominale Determinativkompositum

    3.5.1.1. Allgemeines

    Die Komposition ist eine leicht handhabbare Wortbildungsart. Vor allem der Wortschatz der Nomina, aber auch der der Adjektive wird durch Kompositi­on stark erweitert, während die Komposition von Verben eine untergeord­nete Rolle spielt.

    Die vielfältigen morphologischen Kompositionsmöglichkeiten sind eine typologische Eigenart des Deutschen; insbesondere die Nomen-Nomen-Komposition ist zumindest vom System her nahezu unbeschränkt. Dies be­trifft u.a. die Länge der möglichen Komposita: „Manche deutsche Wörter sind so lang, dass man sie nur aus der Ferne sehen kann", stellt Mark Twain in seinem berühmten Deutschlandreisebericht seufzend fest und nennt das sicher noch zu toppende Generalstaatsverordnetenversammlung (Twain nach 1878, S. 539). Sehr lange Komposita wie im folgenden (sicher nicht ganz ernst gemeinten) Text sind zwar regelgerecht, sollten aber vermieden werden, weil sie unübersichtlich und dadurch hörerleserunfreundlich sind: Super, dass man die Australienlangstrecken-direktflugstopoverspezialisten von Quantas gebührenfrei erreichen kann (Die Woche 1994, nach Braun 1997, S. 152). So auch Gegenzugoffenfachdoppelhubschaftmaschine (nach Ortner et al. 1991, S. 30). Bei derart langen Komposita wird zur Erleichte­rung des Lesens der so genannte Durchkopplungsbindestrich empfohlen. Mitunter werden längere Komposita in ihrem allmählichen Etablierungsprozess auch durch Kürzung leichter rezipierbar gemacht, z.B. Lkw. Angst vor der „Gefahr durch lange Wörter" muss nach Äugst (2001) aber niemand haben. Wie Äugst in seiner Untersuchung zum Gebrauch von extrem langen Wörtern nachweist, werden Superlangkomposita - anders als bisweilen von Sprachpflegern beklagt - keineswegs im Übermaß und auch heute keines­wegs deutlich häufiger als früher gebildet. Zu Recht nämlich lehnen Hörerle­ser unüberschaubare Komposita wie Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungs-aufgabenübertragungsgesetz ab (Beispiel von Äugst 2001, S. 210).

    Ungeachtet der Zahl ihrer Einheiten sind auch nominale Determinativkom­posita grundsätzlich binär, d.h., sie werden bei den einzelnen Segmentie­rungsschritten jeweils in zwei Einheiten, die unmittelbaren Konstituenten, unterteilt, z.B. Generalstaatsverordneten(l)versammlung(2).

    Für die Analy­se der morphologischen Struktur eines Kompositums ist also nicht aus­schlaggebend, welche Wortarten in ihm überhaupt vorkommen, sondern welcher Wortart die unmittelbaren Konstituenten angehören. Aber während natürlich das zweite Element immer ein Substantiv ist, da sonst die ganze Konstruktion kein Substantiv sein könnte, kommen an der ersten Stelle nicht nur Substantive vor, obwohl dieser Kombinationstyp laut Aussagen der Duden-Grammatik 80% der Substantivkomposita ausmacht, sondern auch Lexeme anderer Wortarten, vor allem Verben (zu 8%), aber auch Adjektive (zu 5%). So ist zwar im Kompositum Fertighauskatalog das Adjektiv fertig enthalten; da das Kompositum aber als Fertighaus(l)katalog(2) analysiert wird und sowohl (1) als auch (2) Nomina sind, wird es als Nomen-Nomen-Kompositum analysiert. Das Kompositum Fertig(1)haus(2) dagegen ist ein Adjektiv-Nomen-Kompositum.

    Nomina können mit verschiedensten Ersteinheiten zusammengesetzt werden:

    • Das Nomen-Nomen-Kompositum

    • Das Adjektiv-Nomen-Kompositum

    • Das Verb-Nomen-Kompositum

    • Das Konfix-Nomen-Kompositum u.a.


    3.5.1.2. Das Nomen-Nomen-Kompositum

    Der im Deutschen sprachhistorisch älteste Kompositatyp, das Nomen-Nomen-Kompositum (z.B. Hutschachtel, Königsmantel, Gartenidylle), ist das morphologisch und semantisch variationsreichste Wortbildungsprodukt. Nomen-Nomen-Komposita können deutlich länger als alle anderen Wortbil­dungsprodukte sein und dadurch auf knappstem Raum sehr viele Informatio­nen transportieren, z.B. das schon genannte Rindfleischetikettierungsüber-wachungsaufgabenübertragungsgesetz.

    Morphologisch gesehen ist der Gebrauch nominaler Ersteinheiten weitge­hend unbeschränkt; es kommen nahezu alle Nomina in Frage, u.a. Nomenkomposita (z.B. Nudelsauce in Nudelsaucenrezept und wiederum Nudelsau­cenrezept in Nudelsaucenrezeptesammler und Nudelsaucenrezeptsammler in Nudelsaucenrezeptsammlertreffen usw. usw.) sowie Derivate (z.B. in Hoff­nungsschimmer) oder Kurzwörter (z.B. in Unialltag, IDS-Tagung, S-Bahn-Geleise).

    Semantisch gesehen sind besonders die nominalen Komposita „schwarze Löcher mit unwiderstehlichem Deutungssog“ (Heringer, 1984). Be­deutungsbeziehungen zwischen den Einheiten in Komposita müssen vom Hörerleser anhand verschiedener Indizien rekonstruiert werden: Zum Bei­spiel haben Hundekuchen und Mandelkuchen dieselbe Struktur, sind jedoch üblicherweise semantisch keineswegs gleich zu interpretieren. Dagegen sind die semantischen Beziehungen zwischen Wörtern in Phrasen, die Vergleichbares ausdrücken, sehr viel klarer; die Beziehungen werden z.B. durch Präpositionen festgelegt: Kuchen für Hunde, Kuchen aus Mandeln. Während in Phrasen die semantischen Relationen also meist deutlich sind, scheinen besonders nominale Komposita relativ frei auslegbar zu sein. So gibt Heringer (1984) für das Kompositum Fischfrau u.a. folgende Deutungen an:

    'Frau, die Fisch verkauft'

    'Frau eines Fisches'

    'Frau, die Fisch isst'

    'Frau, die Fisch produziert'

    'Frau, die kühl wie ein Fisch ist'

    'Frau, die den Fisch gebracht hat'

    'Frau, die bei dem Fisch steht'

    Die Freiheit der Wortbildung ist jedoch zu relativieren, denn die Interpretati­on wird in der Regel durch den direkten Kontext gesteuert, in dem die aktuelle Bedeutung realisiert wird. Steht z.B. in einem Märchen und der Fisch und seine Fischfrau lebten glücklich und zufrieden, ist die Interpretation 'Frau eines Fisches' plausibel. Darüber hinaus können Hörerleser auch auf ihr Weltwissen, auf den Kontext im weiteren Sinne zurückgreifen; sie kön­nen sich an Erfahrungswerten und der Logik von Zusammenhängen orientie­ren. Dass z.B. das als Hundekuchen Bezeichnete aller Wahrscheinlichkeit nach kein Kuchen aus oder mit Hunden ist (etwa analog Mandel- oder Rosi­nenkuchen), sondern ein Kuchen für Hunde (analog Babybrei und Herren­torte), lässt sich aus Kulturspezifika schließen: In unseren Breiten werden normalerweise keine Kuchen aus Hunden oder Torten mit Herren drin ange­boten.

    Die Auswahl der Interpretationsmöglichkeiten eines Kompositums wird schließlich auch eingeschränkt, weil sich ein Hörerleser an die ihm geläufi­gen Komposita hält. Er wählt nicht aus allen potenziell möglichen Interpretationen aus, sondern greift auf ein verhältnismäßig festes Inventar vorhan­dener Muster zurück. So ist ihm z.B. von Komposita wie Hundekuchen, Herrentorte, Kinderschokolade das Muster 'B, das für A bestimmt ist, das usuell von A konsumiert wird' bekannt, das - nach Prüfung des Kontextes - auch auf zuvor noch nicht gehörte oder gelesene Komposita wie Nilpferd­kekse angewandt werden kann.
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