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Иноземцев В. За пределами экономического общества, учебное пособие. Иноземцев В. За пределами экономического общества, учебное пособ. За пределами экономического общества. Постиндустриальные теории и постэкономические тенденции в современном мире


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НазваниеЗа пределами экономического общества. Постиндустриальные теории и постэкономические тенденции в современном мире
АнкорИноземцев В. За пределами экономического общества, учебное пособие.doc
Дата13.12.2017
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Имя файлаИноземцев В. За пределами экономического общества, учебное пособ.doc
ТипДокументы
#11277
КатегорияСоциология. Политология
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Vergesellschaftung der Produktion, sondern durch ihre globale und allseitige Individualisierung ьberwunden werden kann. Heute ist das Privateigentum, das sich im Rahmen der Wirtschaftsepoche als Mechanismus fьr die Aneignung von materiellen Gьtern durch die Vertreter der besitzenden Klassen herausbildete, unter der Einwirkung von Faktoren, die sich kardinal von solchen unterscheiden, die nach Meinung von Revolutionдren dieses abschaffen sollten, einer beschleunigten Transformation unterworfen. Die Entwicklung neuer Technologien bewegt sich in eine Richtung, wo zu den hauptsдchlichen Produktionsfaktoren Fдhigkeiten und Wissen der Mitarbeiter — unverдuЯerliche Eigenschaften eines jeden Menschen — zдhlen. Hierbei hat der technische Fortschritt reale Mцglichkeiten geschaffen, persцnliche Mittel zur Schaffung moderner Informationsprodukte zu besitzen. Die Eigentьmer von Giganten der materiellen Produktionssphдre, die noch vor einigen Jahrzehnten in der Gesellschaft vorherrschten, hдngen heute zunehmend von denjenigen ab, die ьber Informationen und Kenntnisse verfьgen, die derart umbewertet wurden, daЯ es neuen Unternehmern immer leichter fдllt, eine Kontrolle ьber die Industrieimperien auszuьben. Und wiederum muЯ auffallen, daЯ die erwьnschte

Unabhдngigkeit eines Intellektuellen vom Eigentьmer an materiellen Produktionsmitteln lediglich in den westlichen Lдndern zur vollendeten Tatsache geworden ist. Dort dagegen, wo vor kurzem noch Kommunisten regierten, ist die Mehrzahl der Menschen in die harte Abhдngigkeit von den neu in Erscheinung tretenden Eigentьmern der Produktionskapazitдten und Naturreichtьmer geraten.

Im Verlauf der Jahrhunderte haben alle Reformer angenommen, daЯ die Ausbeutung lediglich durch die Vernichtung der Ausbeuterklasse aufgehoben werden kцnne. Als Gerechtigkeit Suchende des 18. Jahrhunderts wie auch als Revolutionдre in unserem Jahrhundert waren sie hierbei so erfolgreich wie nirgendwo sonst. Es erwies sich jedoch, daЯ die Beseitigung der mьЯigen Klasse niemanden befreien kann: weder die Bauern, die unter den althergebrachten Bedingungen arbeiten mьssen, noch die Arbeiter, die ebenso eng an die Produktionsmittel gebunden sind, wenn sie sich auch nicht im Eigentum der als Klassenfeinde angesehenen Kapitalisten, sondern unter den Fittichen des proletarischen Staates befinden. Der Kampf gegen die Ausbeutung wurde ohne das Verstдndnis des Wesens des gegebenen Phдnomens gefьhrt, das sich nicht auf die VerдuЯerung eines Teils des erarbeiteten Produkts zurьckfьhren lдЯt, sondern dadurch bedingt ist, inwiefern eine solche VerдuЯerung den fundamentalen Interessen des Produzenten widerspricht. Indes tritt durch die Modernisierung des Wertsystems, die sich infolge des Informationsprogresses und der Erhebung des Wissens in den Status eines hauptsдchlichen Produktionsfaktors einstellt, nicht mehr das Streben nach einem maximalen materiellen Reichtum in den Vordergrund, sondern der Wunsch des Individuums nach Vervollkommnung, danach, sein Potential aufzudecken und soziale Anerkennung zu erlangen. Eine solche Verдnderung beseitigt nicht die VerдuЯerung eines Teils des erzeugten Produkts als solche, sondern die Zьge, die sie zur Ausbeutung machten. Und wiederum sollte beachtet werden, daЯ in den entwickelten postindustriellen Lдndern bei der Umverteilung der Gьter derzeit die Ausbeutung in ihrer klassischen Form keinen wesentlichen EinfluЯ auf die sozialen Verhдltmisse hat, wohingegen in den ehemaligen kommunistischen Staaten, wo der Lebensstandard, der ohnehin nicht hoch war, katastrophal abgesunken ist, die Welle einer konservativen Revanche besonders unter der Losung einer gerechteren Verteilung des nationalen Reichtums an Stдrke gewinnt.

Alle hier verzeichneten Prozesse haben eine tiefere Grundlage gemein: die Transformation der Eigenheiten der menschlichen Tдtigkeit. Die gegenwдrtige technologische Revolution hat zwei fundamentale Verдnderungen hervorgerufen: Einerseits kann diese erstmals in der Geschichte die Befriedigung der hauptsдchlichen materiellen Bedьrfnisse der meisten Mitglieder der Gesellschaft gewдhrleisten, und andererseits hat sie die Vervollkommnung des Menschen selbst nicht nur seiner eigenen Wahl ьberlassen, sondern zur Hauptbedingung seiner sozialen Anerkennung gemacht. Heute, da die Forderung nach Selbstvervollkommnung

noch nicht so prдvalent ist, wie es noch vor kurzem die Erhцhung des materiellen Wohlstandes war, wird in der Gesellschaft ein Mechanismus wirksam, der eine stдndige Entwicklung des intellektuellen Potentials des Menschen stimuliert und eine Konkurrenz des Wissens schafft, die manchmal nicht weniger hart ist als die Konkurrenz des Eigentums. Mit der Zeit wird der ProzeЯ der eigenen Vervollkommnung der Persцnlichkeit zur unbedingt vorrangigen Entwicklung aufgewertet werden. Damit wird die schцpferische Tдtigkeit, durch das Streben nach maximaler Selbstverwirklichung hervorgebracht, die Arbeit, die zur Befriedigung der materiellen Bedьrfnisse notwendig ist, gдnzlich verdrдngen. Die neue soziale Struktur muЯ auf den ersten Blick gerechter und humaner sein als die vorhergehende: Haben denn die sozialen Reformer aller Zeiten und Vцlker nicht danach gestrebt, daЯ der Mensch ьber die Grenzen der "an sich materiellen Produktion" hinausgeht, daЯ Bedingungen fьr eine allseitige Entwicklung seiner Persцnlichkeit entstehen? Es muЯ aber auch gesehen werden, daЯ an die Stelle der traditionellen Formen der sozialen Wechselwirkungen neue treten mьssen, deren Wesen gegenwдrtig vцllig unklar ist. Da gleichsam in verschiedenen Ebenen befindlich, ьberschneiden sich die Interessen von schцpferischen Persцnlichkeiten anders als die Interessen der Individuen einer Wirtschaftsgesellschaft; sie lassen nicht jene Widersprьche auftreten, von denen dieses Sozium durchdrungen war, zugleich ergeben sie auch keinen einheitlichen Summenvektor, der die Richtung des gesellschaftlichen Fortschritts vorgдbe. Ist eine Sicherheit gegeben, daЯ die durch diesen Umstand hervorgerufenen Probleme nicht grцЯer sind als die Vorteile, die durch den vorherigen bedingt waren?

Nach unserer Meinung wдre es in hцchstem MaЯ unbedacht, die aufkeimende Gesellschaft als Muster der sozialen Harmonie aufzufassen. Nach Ьberwindung der reiferen Formen der wirtschaftlichen Gesellschaftsformation tritt die Menschheit in eine Phase der rьcklдufigen Entwicklung besagter Formation ein, in eine Periode der Bewдltigung und destruktiven Ьberwindung ihrer GesetzmдЯigkeiten. Indes war eine Niedergangsphase, welche Gesellschaftsformation auch betrachtet werden sollte, niemals eine ruhige Periode in der Evolution. Der Niedergang der Feudalordnung, der eine evolutionдre Absenkung des цkonomischen Einflusses der Aristokratie bewirkte, lief nicht friedlich ab, sondern bedingte ьber fast drei Jahrhunderte die grцЯten europдischen Kataklysmen. Der Niedergang des traditionellen Industriekapitalismus und der Ьbergang zur postindustriellen Gesellschaft verlief gleichfalls nicht problemlos. Hдtten die Regierungen keine titanischen Anstrengungen zur Antikrisenregulierung in den Vorkriegsjahren und zur staatlichen Finanzierung wissenschaftlicher und technologischer Forschungen in den Nachkriegsjahren unternommen, so wдre vцllig unklar, wie die globale Konfrontation des 20. Jahrhunders ausgegangen wдre. Heute treten wir in die Phase eines noch umfassenderen Ьbergangs ein, und die Unterschдzung mцglicher

Gefahren und der Widersprьchlichkeit dieser Transformation wдre дuЯerst gefдhrlich.

Mehr noch. Die Spezifik unserer Epoche rьhrt daher, daЯ ьber die neue Gesellschaft, die die existierende Ordnung ablцst, nichts bekannt ist. Waren in der Periode der Auflцsung der Grundlagen der Feudalgesellschaft die diese ablцsenden Strukturen schon faktisch herausgebildet und warteten sie lediglich auf die politische Anerkennung und auf neue Mцglichkeiten fьr die eigene Entwicklung, war unter den Bedingungen des Spдtkapitalismus auch relativ klar, welche sozialen Probleme die grцЯte Gefahr heraufbeschworen und auf welche Weise diese zu ьberwinden waren, so hat sich die Situation heute grundlegend geдndert. Neue soziale Strukturen existieren nicht, sondern es werden lediglich neue individuelle Wert- und Prдvalenzsysteme herausgebildet, wobei ihre Evolutionsformen und -richtungen nicht besonders klar sind. Zudem verfьgen die erhalten gebliebenen sozialen Institute nur ьber solche Mittel zur Beilegung von gesellschaftlichen Konflikten und Widersprьchen, die sich erfolgreich in der abgelaufenen Wirtschaftsepoche anwenden lieЯen, wohingegen sie heute nicht nur ineffektiv, sondern auch noch gefдhrlich sein kцnnen.

Deshalb sollte nicht vergessen werden, daЯ die Menschheit in den nдchsten Jahrzehnten nicht nur ein qualitativ neues Niveau im technologischen und intellektuellen Fortschritt erreichen kann; auch eine nie zuvor gekannte Zuspitzung der sozialen Widersprьche und ZusammenstцЯe ist mцglich. Diesmal werden sich kaum politische Fraktionen, Parteien oder sogar einzelne Gesellschaftsklassen gegenьberstehen. Die Konflikte in einer neuen Periode kцnnen sich aus einer gewissen komplizierten Verflechtung von Widersprьchen ergeben, die unter einzelnen Individuen oder unter deren Gemeinschaften entstehen, die sich nach Anzeichen mit ausgesprochen subjektivem Hintergrund vereinigen.

Heute beobachten wir eine Ьberwindung der Grundlagen der traditionellen Marktwirtschaft. Eine groЯe Menge von Gьtern wird gegen andere eingetauscht, ohne daЯ dabei auch nur im geringsten die Kosten berьcksichtigt werden, die noch die Preisbildung fьr die Erzeugnisse vieler Zweige der gesellschaftlichen Produktion beeinflussen. Die Ьberbewertung einzelner Gьter und ganzer Wirtschaftszweige geht mit der Unterbewertung anderer einher; die Arbeitsproduktivitдt, die in Einheiten berechnet wird, in denen es sich gerade noch tun lдЯt, ist, wie sich erweist, im Gegenteil im traditionellen Sektor sehr viel hцher als in neuen aussichtsreichen Produktionssphдren. Inzwischen bleiben Marktinstitute in Funktion; in ihrer Mehrzahl ist die Bevцlkerung aller entwickelten Lдnder in die Bewegung fiktiver Eigentumszeichen einbezogen, wдhrend die Verringerung der Aktualitдt der materiellen Interessen, die sich aus der Herausbildung der Grundlagen einer neuen Gesellschaft ergibt, heute ausschlieЯlich durch die Stabilitдt eines irrationalen Systems aufrechterhalten wird, das ein hohes Niveau im gesellschaftlichen Wohlstand gewдhrleistet, doch intern gerade die durch die Umstдnde unterminiert wird, die es selber mit Leben erfьllt hat.

Immer offensichtlicher wird die Grenze zwischen den mit intellektueller Arbeit Beschдftigten, die Zugang zu den Produktionsmitteln gefunden haben und in der Lage sind, den Eigentьmern an den Grundfonds der Industriegesellschaften als gleichberechtigte Partner gegenьberzutreten, und den Proletariern, die wie schon frьher genцtigt sind, ihre Arbeitskraft an die Unternehmer zu verkaufen. Bei der Durchsetzung der Eigentumsrechte findet man immer kompliziertere Formen vor, und die diese Rechte einschrдnkenden Faktoren werden immer zahlreicher; vor diesem Hintergrund erhalten die Privateigentьmer solche Mцglichkeiten fьr die Erweiterung von Wissen und Perfektionierung vonTechnologien, die bei fehlender gesellschaftlicher Kontrolle fьr das Sozium insgesamt eine potentielle Gefahr darstellen kцnnen.

Die Ьberwindung der Ausbeutung existiert vorerst im BewuЯtsein lediglich des Teiles der Gesellschaft, der sich Zugang zu Wissen verschaffen konnte. Das ist heute kein seltener, doch sehr relativer Vorteil, zudem erfordert er vom Menschen Charaktereigenschaften, die nicht ebenso einfach erworben werden kцnnen wie das Eigentum in der Epoche der ursprьnglichen Akkumulation des Kapitals. Mit zunehmender Orientierung auf die Erzeugung von Informationsprodukten tritt mehr und mehr der Personenkreis hervor, der keinen Anteil an deren Herstellung haben kann, und das nicht, weil hier Mцglichkeiten zur Erlangung der hierfьr notwendigen technischen Mittel fehlen, sondern weil infolge von Lebensumstдnden, Erziehung und Ausbildung die Information nicht verarbeitet und kein neues Wissen generiert werden kann. Der Traum von einer Gleichheit, der noch seit der Aufklдrungszeit auf der naiven cartesianischen Anffassung von BewuЯtsein und Menschenverstand als Tabula rasa basiert, gehцrt allmдhlich der Vergangenheit an, und die Bitternis des Abschieds von dieser Illusion kann alle Errungenschaften einer Gesellschaft, die Marktwirtschaft, Eigentum und Ausbeutung ьberwunden hat, in den Schatten stellen.

GroЯe Probleme ergeben sich ferner aus der Notwendigkeit, einen Ausweg aus vцllig heterogenen Fragenkomplexen zu finden. Einerseits besteht eine vordringliche Aufgabe in der maximal mцglichen Anwendung neuer, postцkonomischer Regulierungsmethoden in der Wirtschafts- und Sozialsphдre in den entwickelten Lдndern, aber andererseits sind die Beziehungen zur AuЯenwelt durchweg wirtschaftlicher Natur, weil in den meisten Regionen unseres Planeten vorwiegend Industrieproduktion und manchmal sogar hauptsдchlich Agrarproduktion vorzufinden ist, weniger dagegen die Entwicklung von High-tech-Methoden und Informationstechnologien. Das Problem des gemeinsamen Vorgehens der postцkonomischen und Wirtschaftssektoren im weltweiten MaЯstab wird sich stark zuspitzen, da keinerlei Programme einer Zusammenarbeit und Hilfe, die auf die Unterstьtzung der "Dritten Welt" gerichtet sind, andere Ergebnisse als rein wirtschaftliche hervorbringen kцnnen. Aber ebenso wie in den entwickelten Lдndern die Menschen, die Wissen generieren und

Informationsprodukte schaffen kцnnen, sich nicht ьberstьrzen, als Erdarbeiter und Wьrstchenhдndler zu arbeiten, sondern zu dem ziemlich engen Kreis der Geistesschaffenden vorstoЯen, der der Mehrzahl der Gesellschaftsmitglieder gegenьbersteht, wollen in den Entwicklungslдndern talentierte Spezialisten und Wissenschaftler in ihrer Mehrheit sich dieser Gruppe anschlieЯen — allerdings nicht im eigenen Lande, wo eine solche faktisch nicht existiert, sondern in den entwickelten Lдndern. Gerade deshalb ist der Anteil vom intellektuellen Potential, der in der "Dritten Welt" konzentriert ist, heute nicht hцher als fьnf Prozent des gesamten intellektuellen Potentials der Menschheit und verringert sich weiterhin. Folglich wird eine Trennungslinie zwischen Geistesschaffenden und der ьbrigen Gesellschaft nicht nur in den einzelnen Lдndern, sondern in der ganzen Welt gezogen, und dieser Widerspruch kann nicht ausschlieЯlich mit цkonomischen Methoden aufgehoben werden.

Somit wird die Herausbildung der Grundlagen der neuen Gesellschaft weder reibungslos noch ohne Probleme ablaufen. Im Gegenteil kцnnen sich die dieses Werden vermittelnden sozialen Kataklysmen als дuЯerst gefдhrlich erweisen. Mцglichkeiten fьr deren Entstehung werden dann real, wenn in irgendeinem Bereich, sei es nun die Entwicklung der marktwirtschaftlichen Tendenzen, die Evolution der Eigentumsverhдltnisse oder die Erneuerung der Klassenstruktur, eine Situation entstehen sollte, in der der neue, nichtцkonomische Inhalt der tieferen wirtschaftlichen und sozialen Prozesse in einen scharfen und nicht ьberwindbaren Widerspruch zu den Wirtschaftsformen tritt, in denen sie in Erscheinung treten. Das Auftreten eines derart starken Auseinanderklaffens und die darauffolgende destruktive Auflцsung der entsprechenden цkonomischen Form kann ausgesprochen dramatische Folgen fьr die Gesellschaft insgesamt haben, weil eine solche Auflцsung ein Zusammenbrechen der bisherigen Ordnung unter den Bedingungen bedeutet, da sowohl real die Gesellschaft vereinigende Prinzipien als auch zentripetale Tendenzen fehlen, die selbst in der Wirtschaftsepoche ausreichend klar ersichtlich sind.

Gibt es eine Mцglichkeit, дhnlichen Szenarien auszuweichen, und kann es ьberhaupt einen relativ schmerzlosen Ьbergang in den postцkonomischen Zustand geben? Heute ist natьrlich keine eindeutige Antwort auf diese Fragen zu finden. Aber aus den erfolgten Darlegungen kцnnen einige allgemeine Schlьsse gezogen werden.

Erstens darf die moderne technologische Revolution nicht mit einer Revolution in der sozialen Sphдre verwechselt werden; im Gegenteil sollte unterstrichen werden, daЯ sie getrennt, nur parallel zueinander verlaufen und daЯ eine direkte Abhдngigkeit des einen Prozesses vom anderen nicht gegeben ist. In gewisser Hinsicht kann sogar behauptet werden, daЯ eine der Aufgaben der zeitgenцssischen Gesellschaft darin besteht, eine Reihe von wirtschaftlichen und sozialen Prozessen etwas abzubremsen, die in stдrkerer Weise die Kluft zwischen den tiefer liegenden Grundlagen der sozialen Ordnung und den wirtschaftlichen Erscheinungsformen erweit

ern. Solche MaЯnahmen kцnnen das Eintreten eines radikalen Konflikts aufschieben, der das soziale Gleichgewicht stцren kцnnte.

Zweitens wдre unter Berьcksichtigung eines дuЯerst zweifelhaften, ja vielleicht sogar vцllig illusorischen Effekts solcher MaЯnahmen die Mцglichkeit der Vervollkommnung der modernen Wirtschaftsstrukturen in Betracht zu ziehen. Es gilt, diese von den meist beinahe fetischistischen und gleichzeitig einen fiktiven Hintergrund aufweisenden kennzeichnenden ДuЯerungsformen zu befreien, was insbesondere die modernen Formen des Finanzkapitals, die Ьberbewertung einzelner Gesellschaften und Branchen, die ьbermдЯige Verbreitung von Eigentumszeichen betrifft, hinter denen sich keine realen Elemente gesellschaftlichen Reichtums verbergen, und so weiter. Ein sich schon zwei Jahrzehnte hinziehendes und Massencharakter annehmendes unproportional schnell zunehmendes Wachstum des Geldwertes der Aktien von Industrieunternehmen im Vergleich zu deren Produktionswachstum ist an sich schon ein Anzeichen der destruktiven Einflьsse auf die Wertprinzipien des Austauschs, aber die Folgen eines mцglichen Bцrsenkrachs, die sich auf die Mehrheit der Bevцlkerung auswirken werden, kцnnen dem historischen Optimismus der Soziologen Abbruch tun, die den auЯerhalb des Marktes angesiedelten Wirtschaftsraum vorhersagen.

Drittens sollte man sich der Frage neuer Systeme, die einen effektiven EinfluЯ auf das Verhalten von Individuen haben, fьr die die Werte wirtschaftlicher Art die bisherige Bedeutung verlieren, zuwenden. Die Herausbildung neuer Systeme sozialer Beziehungen, die es den zentralen Institutionen der Gesellschaft erlauben, die Individuen effektiv anzuleiten, deren Tдtigkeit ьberutilitarische Motivierung aufweist, ist heute eine vorrangig zu erfьllende Bedingung dafьr, ьber die nдchsten Jahrzehnte jene soziale Stabilitдt zu gewдhrleisten, ohne die die Entfaltung der neuen Gesellschaft unmцglich erscheinen kцnnte.

Viertens sollte an die Schaffung eines effektiven Systems gegen die Ausweitung eines neuen Widerstreits herangegangen werden, der durch die Teilung der Gesellschaft aufgrund des Prinzips der materiellen und nichtmateriellen Motivierung der Tдtigkeit ihrer Mitglieder bedingt ist, was auf das Besitzen bzw. Nichtbesitzen von Kenntnissen und Informationstechnologien zurьckzufьhren ist. Hierbei gilt es, ьber einen lдngeren historischen Zeitraum die wirtschaftlichen Methoden der Beeinflussung der Menschen mit den nichtwirtschaftlichen zu kombinieren, und das sowohl innerhalb einzelner postindustrieller Nationen als auch weltweit.

Als Ausblick kцnnen wir aufgrund dieser SchluЯfolgerungen vorgeben, daЯ die sich aus der Dynamik der sozialen Prozesse der letzten Jahrzehn|e ergebenden Tendenzen in naher Zukunft keineswegs unbedingt eine direkte Fortsetzung und Entwicklung erfahren mьssen. Wir kцnnen die sich vor der Menschheit erцffnenden Perspektiven nicht genau bestimmen, aber dennoch dafьr einstehen, daЯ der Ьbergang zur postцkonomischen Zivilisation, der heute mit einer unter den Bedingungen des

Sieges des Wissens aufstrebenden Welle eines nie gekannten historischen Optimismus seinen Anfang nimmt, nicht leicht zu bewдltigen sein wird. Neue Hoffnungen und Erwartungen laufen mit der Absage an ьberkommene Vorstellungen, Werte und Prioritдten zusammen. Heute wдre das unvorstellbar, aber ahnten etwa die Rцmer, als sie Mark Aurel, einen Philosophen auf dem Thron, verherrlichten, daЯ dem Imperium nur noch zweihundert Jahre beschieden waren? Soll eine neue Seite in der Geschichte aufgeschlagen werden, so dьrfen die Schwierigkeiten des Abschieds von der Vergangenheit, von einer gigantischen Epoche nicht unterschдtzt werden, die unerbittlich und ungerecht, aber gleichzeitig brillant und groЯartig war. Diese Epoche stellte einen einmaligen Weg dar, der von der Menschheit schon zurьckgelegt worden ist. War auch in dieser Epoche eine schцpferische Leistung eine seltene Erscheinung, wurden doch gerade durch kreative Anstrengungen die erhabensten Kulturdenkmдler geschaffen, vor denen sich die Menschheit heute noch verneigt; Edelmut wurde nicht oft vorgefunden, aber gerade dieser wird dem Menschengeschlecht als Charakterzug der Vergangenheit in Erinnerung bleiben; die ausweglose Tragцdie der Revolutionдre war darin begrьndet, daЯ ihre Ideen der Gesellschaft keinen realen Fortschritt gewдhrleisten konnten, aber die Zahl derjenigen, die nach einer verheiЯungsvollen Zukunft suchten, wurde dadurch nicht geringer.

Kein einziger Versuch einer revolutonдren Transformation der Welt konnte einen langanhaltenden Erfolg verzeichnen, obwohl die Aufgaben, die von den Pionieren ausgerufen wurden, einen geringen Wirkungskreis betrafen. Heute nun ьberschreitet die Menschheit die Grenzen der цkonomischen Epoche, wobei die materielle Interessiertheit, die frьher die Welt regierte, ьberwunden wird. Etwas Дhnliches konnte nicht einmal der Herrgott ahnen, als er verkьndete, daЯ der Mensch ewiglich im SchweiЯe seines Angesichts sein Brot essen solle. Hierbei sind alle Versuche des Menschen, diese Welt grundlegend zu verдndern, durch die tiefgreifenden Gesetze der sozialen Evolution gebremst worden, und die Zivilisation kam auf ihren natьrlichen Entwicklungsweg zurьck; wir hoffen, daЯ sich dies auch morgen fortsetzt. Das ist der wichtigste und womцglich einzige AnlaЯ zu Optimismus, mit dem wir in die Zukunft schauen. Und auf die Frage danach, was wird, wenn eine neue Gesellschaft in Erscheinung tritt, gibt es nur eine Antwort:

Und es wird wieder April...,

wie auch auf die Frage, was man heute machen soll, da voraussichtlich eine Wandlung berorsteht:

Und es wird weiter gelebt,

fьr Blousons und leichte Kattunkleider gewebt,

genдht und geglaubt, daЯ all das getragen wird, —

nur so ist das Leben noch lebenswert.

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